Autor Thema: BestOf - Wechsel Riemenscheibe und Zahnriemen beim 2.0 JTD  (Gelesen 18221 mal)

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Offline roadrunner

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BestOf - Wechsel Riemenscheibe und Zahnriemen beim 2.0 JTD
« am: 28. November 2009, 19:28:22 »
Hallo Zusammen,

in der Hoffnung, daß es jemandem hilft, der vor einem ähnlichen Problem steht,
habe ich meine Erfahrungen der vergangenen Tage zu .o.g Thema aufgeschrieben und (spärlich) bebildert.

Angefangen hatte alles damit, daß die Riemenscheibe meines Scudo mit üblen Geräuschen auf sich aufmerksam machte
Siehe auch diesen Beitrag

Zunächst konnte ich dessen Ursprung nicht lokalisieren;
nachdem ich das rechte Vorderrad ausgebaut und im rechten Radhaus die Plastikverkleidung zum Motor hin entfernt hatte,
war schnell zu sehen, daß die Riemenantriebsscheibe auf der Kurbelwelle zum Exzenter geworden war.
Weil sich zwischen innerem und äußerem Ring die Gummilagerung komplett aufgelöst hatte,
"eierte" der äußere Ring vom Innenteil nur noch leicht geführt hin und her.
Die Fotos davon sind leider nix geworden ...
Man kann aber erkennen, daß die Scheibe den automatischen Riemenspanner (mit rotem Pfeil markiert) schon leicht angefressen hat.

Fazit: die Scheibe muß neu - wenn sie schon runter ist, kommt der Zahnriemen auch gleich frisch !

Material/Werkzeug:

Werkzeug
- handelsüblicher Profi-Steckschlüssel(Ratschen)satz
- 1 Torx T50 Steckaufsatz
- 1 Drehmomentschlüssel mi Bereis bsi 60 Nm (kein Baumarktschrott !!)
- 1 Satz Gabelring-Schlüssel SW 10 - 19
- 1 Satz Imbusschlüssel
- 2 Wagenheber
- mehrere Schrauben M8 x 80 mit hoher Festigkeit
- diversen Kleinkram, den es sich nicht lohnt aufzuzählen

Material
- 1 Zahnriemensatz mit Umlenkrollen --> je nach Modell 50 - 100€
- 1 Wasserpumpe --> 40€
- 1 Riemenscheibe Keilrippenriemen --> 130€
- 1 Keilrippenriemen --> 20€ (die Version mit Klima ist teurer)
- evtl. weitere Umlenkrollen für den Keilrippenriemen --> Preis ??

Demontage des Keilrippenriemens:
Dazu entspannt man den automatischen Riemenspanner (siehe grün eingekreist auf Foto)
indem man am (mit grünem Pfeil gekennzeichneten) Sechskant (SW 15) einen Schlüssel mit ausreichendem Hebel ansetzt und damit gegen den Uhrzeigersinn die Spannrolle wegdreht.
Danach kann man den Riemen abnehmen.
Wer später vergessen hat, wie man ihn wieder auflegt, schaut in diesen Beitrag

Demontage der Riemenantriebsscheibe/Blockieren der Kurbelwelle:
Um die zentrale Schraube (SW 22) zu lösen, die die Riemenscheibe hält, muss zunächst die Kurbelwelle blockiert werden.
Den geringsten Arbeitsaufwand hat man bei folgender Vorgehensweise:
Mit einer hellen Taschenlampe legt man sich vorn unter den Wagen und leuchtet in den Zwischenraum von Motorblock und Anlasser, den Blick nach links gen Getriebe gerichtet.
Dort ist nach ein wenig Suchen eine 8MM-Bohrung in Richtung Getriebe zu sehen.
Steckt man in diese einen 8MM Stift (muß ausreichend hart sein, damit er später nicht abschert)
und dreht die Kurbelwelle während man versucht, den Stift weiter in die Bohrung zu schieben,
rutscht dieser irgendwann noch ein Stückchen weiter und blockiert die KW exakt auf OT.

Das Problem ist nur, den Stift überhaupt in die Bohrung zu bekommen.
Ich habe mir dazu ein „Spezialwerkzeug“ aus einem handelsüblichen langen Inbus, einem Stückchen Schlauch und einem 8MM starken Reststück eines alten Ventilschafts zusammengesteckt. (siehe Bild)
Damit lässt sich der Stift problemlos in Position bringen, wenn man die Bohrung erstmal gefunden hat.

Jetzt geht es daran, die Zentralschraube der Riemenscheibe zu lösen.
Diese ist a) sehr fest und b) mit Schraubensicherungsmittel eingekleistert.
Sie wird sich also nur mir roher Gewalt lösen lassen.
Entweder verwendet man hierzu einen Schlagschrauber oder eine Stecknuss mit Knebel und Rohrverlängerung.
Ist die Schraube einmal los, kann man die Riemenscheibe abnehmen.
Beim Scudo saß sie ziemlich lose, bei meinem Pug 205 musste ich seinerzeit mit Abzieher nachhelfen.
Nachtrag:
mit meiner Schraube habe ich wohl Glück gehabt.
z.T. leistet sie heftigste Gegenwehr.
Abhilfe schafft in diesem Fall auch die Einwirkung von Wärme (Heißluftfön), bevor man komplett auf den Einsatz roher Gewalt übergeht.

Will man nur die Riemenscheibe tauschen, muß nach Aufstecken der neuen Scheibe nur in umgekehrter Reihenfolge vorgegangen werden.
Wer aber schon so weit ist, sollte sich überlegen, ob er nicht gleich die ca. 150,-€ an Teilen investiert und auch den Zahnriemen erneuert.

Dazu wie folgt weitermachen
Demontage des Zahnriemens:
Zunächst sämtliche Verkleidungen des Zahnriemens demontieren.
Wegen der Enge und der vielen Schläuche eine arge Fummelei, bei der man aufpassen muß, daß man keinen Bruch produziert.
Einige der Schrauben lassen sich erst bei entfernter Verkleidung im Radhaus gut erreichen,
darum empfiehlt es sich, diesen Schritt nicht vorher durchzuführen
.

Die Kurbelwelle ist schon auf OT fixiert;
bevor der Zahnriemen abgenommen wird, muß auch die Nockenwelle blockiert werden.
Diese hat dazu nahe der Zentralmutter des Stirnrads eine Art „Gabel“ in die man eine 8MM Schraube als Fixierbolzen stecken kann.
(auf dem Foto hoffentlich halbwegs zu erkennen)
Bei bereits festgesetzter Kurbelwelle müsste sich auch die Schraube problemlos einstecken lassen.
Die Dieselpumpe muß nur bei Saugdieseln fixiert werden (geschieht wieder mittels Schrauben durch Löcher im Stirnrad) beim CommonRail ist das nicht notwendig, da die Stellung ohne Bedeutung ist.

Jetzt werden die Spann- und Umlenkrolle gelöst und entfernt.
Um den Zahnriemen wechseln zu können, muss nun der obere Motorhalter teilweise abgeschraubt werden.
Hierzu ist als einziges wirkliches Spezialwerkzeug bei der ganzen Aktion ein Torx-Schlüssel in Größe T50 notwendig (kostet im Baumarkt als Stecknuss ~8€)
Vor Lösen der Schrauben wird der Motor mittels Wagenheber abgestützt und nach Entfernen der Schrauben vorsichtig ! etwas abgelassen, so daß genug Platz entsteht, den alten Zahnriemen am Motorhalter vorbei „auszufädeln“.
Auf demselben Weg wird der neue Riemen an seinen Platz gebracht.
Nach Anheben des Motors muß in eine der Schraubenbohrungen ein Dorn gesteckt werden,
mit dem der Halter so in Position gehebelt wird, daß die restlichen Schrauben angesetzt werden können.

Austausch der Wasserpumpe:
Wenn der Motor wieder komplett befestigt ist, kann die Wasserpumpe getauscht werden. (unbedingt zu empfehlen - es ist falscher Geiz, die 40€ sparen zu wollen und dann wegen leckender Pumpendichtungen die ganze beschriebene Prozedur nochmal durch zu exerzieren !!)
Selbst der Fiat-Mech aus der Nachbarschaft wusste nicht von einer Ablasschraube, die für das vorherige Ablassen des Kühlwassers vorgesehen ist.
Also: Wanne drunter und Wasserpumpenschrauben lösen; Wasser ablaufen lassen; Pumpe komlett demontieren und durch neue ersetzen.
Hierbei vorher die alte Dichtung vorsichtig abschaben, ohne die Dichtflächen zu beschädigen
und  die Dichtflächen gut reinigen, bevor die im PumpenRepSatz enthaltene neue Dichtung ohne sonstige Dichtmasse ! aufgelegt und die neue Pumpe verbaut wird.
Am Besten direkt danach Kühlwasser wieder auffüllen – so können Undichtigkeiten sofort erkannt werden.
Außerdem vergisst man es dann nicht ...  :wink:

Einbau des neuen Zahnriemens:
Als Nächstes wird der neue Zahnriemen aufgelegt und Spann- und Umlenkrolle montiert.
Vor Anziehen der Befestigungsschraube in der Spannrolle wird diese mit dem Vierkant einer kleinen Ratsche gegen den Zahnriemen gedrückt und zunächst „handwarm“ festgezogen

Einstellen der Riemenspannung:
Am Besten eignet sich hierzu die Stelle des größten Durchhangs, also oben zwischen Nockenwellen- und Pumpenrad..
Einige Selbsthilfe-Handbücher schreiben, der Riemen sei ideal eingestellt, wenn er sich dort zwischen Daumen und Zeigefinger auf eine senkrechte Position drehen ließe.
Leider verschweigen sie, welcher Kraftaufwand hierzu notwendig sein soll/muss.
Die Angabe ist also sehr windig. Auch ich mache das immer nach Gefühl; ein Patentrezept hierzu kann ich nicht geben.
Vielleicht beschreibt es Folgendes am Besten:
Der Riemen darf sich weder straff noch lose anfühlen.
Hört sich banal an, lässt sich meiner Meinung nach aber tatsächlich ertasten.
Einfach den Riemen zwischen die Finger nehmen und auf und ab bewegen.
Das darf sich nicht stramm anfühlen aber auch nicht so, als ob der Riemen bald das "Schlagen" anfängt.
Hier ist ein wenig Schraubererfahrung gefragt - ohne sollte man sich diese Reparatur sowieso nicht gönnen ....
Ich will aber niemenadem den Mut nehmen - wer sich an dieser Stelle unsicher ist, sucht sich einen erfahrenen "Ölfinger" aus dem Bekanntenkreis.
Gegen Bestechung in Form einer/mehrerer Flaschen Bier wird er sicher zur Mithilfe bereit sein ....  :grin:
Wenn der Zahnriemen beim ersten Probelauf pfeifende oder zwitschernde Geräusche von sich gibt, heisst das meist, daß er zu stramm ist.

Nach Einstellen der Riemenspannung werden die Befestigungsschrauben von Umlenk- und Spannrolle endgültig festgezogen.
Damit diese wichtigen Schrauben bleiben, wo sie sind, empfiehlt es sich, die Gewinde mit einigen Tröpfchen Schraubensicherungsmittel „mittelfest“ zu versehen.
Mangels Handbuch musste ich mir als endgültiges Anzugsdrehmoment selbst eins ausdenken.
35 Nm fühlte sich gut an – dafür daß es auch richtig ist, gebe ich keine Garantie.

Danach nicht vergessen, die untere Abdeckung des Zahnriemens wieder zu montieren.
Die oben bleiben noch weg.

Montage der Riemenscheibe:
Jetzt wird die Riemenantriebsscheibe aufgesetzt.(Keil zur richtigen Positionierung beachten!)
Hier ist Schraubensicherungsmittel auf der Zentralschraube Pflicht.
Die Schraube wird zunächst mit 40 Nm angezogen; danach dreht man sie noch um 60° weiter.
Dazu macht man sich auf Scheibe und Schraube je eine Markierung, die ca. 60° auseinander liegen und zieht die Schraube mittels verlängertem Schlüssel so weit an, daß beide zur Deckung kommen.

Nun sämtliche Fixierstifte entfernen und die Kurbelwelle einmal per Schlüssel runddrehen und erneut  die Zahnriemenspannung kontrollieren.

Ist alles O.K. sollte der Motor vor Auflegen des Keilriemens einmal zum Probelauf gestartet werden.
Ohne Keilriemen können ungewöhnlich Laufgeräusche des Zahnriemens leichter erkannt und geortet werden.
zu beachten: es kann sein, daß die hochgebördelte Öffnung der Zahnriemenabdeckung innen an der Riemenscheibe schleift.
Nicht tragisch oder gefährlich - gibt aber ein unschönes Geräusch, daß einen wahnsinnig machen kann, wenn man nicht weiß woher's kommt ....  :grin:
Genau wie das überflüssige Material sollte auch das Geräusch mit der Zeit verschwinden  :cool:

Wer es bis hier geschafft hat, sollte mit dem restlichen Zusammenbau keine Schwierigkeiten mehr haben.

Viel Erfolg !

Achtung: diese Anleitung soll nur als Hilfe dienen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit.
Keine Haftung bei etwaigen Schäden jeglicher Art !

Gruß

RR
« Letzte Änderung: 30. August 2010, 08:45:46 von naan »

Offline Ueffi

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Antw:Tagebuch - Wechsel Riemenscheibe und Zahnriemen beim 2.0 JTD
« Antwort #1 am: 29. November 2009, 18:06:35 »
Sehr schöne Anleitung!
Naan: das ist was für´s Best Of
Citroen C8 2.0 16V Autom., BJ 2007, davor:
C8 2.0 16V, BJ 2006; Jumpy Kastenwagen (U64) 2.0 HDI (RHX), BJ 2002; , div. BX

Offline roadrunner

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Antw:Tagebuch - Wechsel Riemenscheibe und Zahnriemen beim 2.0 JTD
« Antwort #2 am: 29. November 2009, 19:55:37 »
Vielen Dank für die Blumen !
Das Meiste wurde hier schon übers Forum verteilt gepostet;
ich hab's bloß zusammengesucht ....
Sollte jemand beim Lesen Korrekturwürdiges finden, bitte eine PN,
ich aktualisiere den Beitrag dann gern.

Gruß

RR